Acht Jahre Loburg, was dann?- Gedanken eines Abiturienten
Da ist er jetzt, der Tag, auf den man zwölf Jahre lang hingearbeitet hat: Der letzte Schultag. Konfetti, Geschrei, laute Musik, auf und ab hüpfende Q2- Schüler: eine Stufe, die sich feiert, sich und das Ende ihrer Schullaufbahn. Morgens das Frühstück mit den Lehrern, dann Randale auf der Allee, dann die Videos in der Aula, zwischendurch immer wieder ein „Und wir singen: Abi, Abi, Abi, Abitur, Abitur, Abituuuuur!“. Das ganze Programm halt, was die Abiturienten eben jedes Jahr abziehen. Nur dass man jetzt Teil von alldem ist. Irgendwie schwer vorstellbar. Und dann ist dieser Tag auch schon vorbei, schneller, als man überhaupt realisieren kann, was das alles überhaupt bedeutet: Es ist aus, aus und vorbei, und zwar jetzt aber wirklich.
Bewusst war es einem ja schon irgendwie immer. Schon seit dem Beginn der Q2 hat man es gewusst: Das ist jetzt unser letztes Jahr, der Countdown läuft. Die letzten Herbstferien, die letzten Winterferien, unser letztes Halbjahr hier an der Loburg. Und spätestens ab dem Zeitpunkt, als die Lehrer verkleidet mit dem tropisch anmutenden Kostüm und der Uhr herumgelaufen sind, musste es doch eigentlich jedem klar sein: Der Countdown läuft, und zwar jetzt aber wirklich. Und wenn selbst das noch nicht reicht, um einem wirklich klarzumachen, dass die Zeit an der Loburg für uns nun vorbei ist, dann sollte es ja wenigstens seit dem Beginn der Mottowoche echt für jeden deutlich sein. Unsere letzte Stunde hat nun geschlagen.
Und gleichzeitig ist es einem überhaupt nicht bewusst. Klar, das war es jetzt, das war unser letzter Schultag. Aber wir kommen ja doch nochmal zurück, die Intensivwoche haben wir ja noch. Zwar kann man das auch nicht mehr als normale Schulwoche bezeichnen, aber wir kommen eben doch nach den Ferien noch einmal zurück. Noch ein letztes Mal bekommt man wenigstens in Ansätzen das Gefühl, mit all den anderen zusammen im Unterricht zu sitzen, wenigstens in den LKs sind ja sogar noch alle da. Noch ein letztes Mal bekommt man vielleicht wenigstens in Ansätzen das Gefühl, mit all den anderen in der Pause zu stehen.
Da ist sie, diese leise Hoffnung, dass es eben doch noch nicht vorbei ist, dass es nicht von allem das Ende ist. Und gleichzeitig weiß ich, dass das nicht stimmt. Es ist eben doch vorbei.
Zwölf Jahre Schule, acht Jahre davon an der Loburg. Acht Jahre, in denen man hier an der Loburg unzählige gemeinsame Erinnerungen gemacht hat. Zunächst mit seiner Klasse und dann mit denen, mit denen man Latein oder Französisch, oder auch Krea oder NaWi oder Informatik hatte und dann, nach der zehnten, schließlich immer mehr gemeinsam als Stufe. Wie oft hat man sein Fahrrad am Fahrradständer abgestellt? Wie oft hat man in der Pause verstecken oder Fußball gespielt, oder sich im Foyer über das Wochenende ausgetauscht? Wie oft hat man sich die Treppen ganz nach oben in den Turmbau hochgekämpft? Wie oft hat man seine Lehrer begrüßt, sei es in der fünften noch motiviert und im Stehen oder, wie ab der Oberstufe, eher weniger motiviert und im Sitzen? Wie oft haben unsere Lehrer die unzähligen Entschuldigungszettel zu Beginn der Stunden unterschrieben und wie viel öfter wohl haben sie noch irgendjemanden ermahnt, der eben jenen Zettel mal wieder nicht dabei hatte? Wie oft hat man sich über die Sprüche der Klassenclowns amüsiert? Wie oft ist man gemeinsam im Schloss essen gegangen (oder, seit der EF, auch zum Penny oder zum Loburger Grill), und wie oft hat man in der achten und neunten Stunde gewartet, dass der Zeiger der Uhr vorne an der Wand auf viertel nach drei springt? Wie oft hat man Klausuren geschrieben, für die man lernen musste (wobei das natürlich bei jeder Person unterschiedlich lange ausgefallen ist) , wie oft musste man irgendwelche Referate halten?
Acht Jahre lang war dies für uns Schulalltag, mit all diesen kleinen Dingen, die zu diesem eben dazugehörten; manche, die einem den Tag ein kleines bisschen versüßen, andere, auf die man auch verzichten kann: etwas ganz normales eben. Ganz normal bis jetzt. Bis jetzt, wo man weiß, dass man all diese alltäglichen Dinge nun nicht mehr erleben darf.
Und so ist unsere Zeit an der dieser besonderen Schule mit dem hübschen Schlösschen, die wir alle einmal vor acht Jahren am Tag der offenen Tür besichtigt haben, nun vorbei. Ging ganz schön schnell, so rückblickend, oder? Und das, obwohl man sich an jenem Tag der offenen Tür noch dachte, dass es noch ewig dauern würde, bis man einmal selbst Abiturient sein würde…
Und so endet für uns alle ein Lebensabschnitt, ein besonders prägender obendrein. Und trotz dem Konfetti, der lauten Musik und Partystimmung bleibt ein komisches Gefühl im Bauch. Acht Jahre lang sind wir in dem geschützten Raum Schule groß geworden, acht Jahre lang ist jedes Schuljahr ähnlich abgelaufen, und in kleinen Schritten hat sich von Jahr zu Jahr etwas verändert. Und auch wenn mal etwas größere Schritte dazwischen waren, wie der von der Unterstufe in die Oberstufe, so wurden wir doch sicher durch diese Zeit geleitet. Und nun, nun soll alles anders werden. Ob man das schafft? Ob man den richtigen Weg einschlägt, bei all den Möglichkeiten, die man nun hat? Und all das, was man nun hinter sich lassen muss:
Abschied von der Schulzeit zu nehmen, fällt mir schwerer als gedacht, muss ich gestehen.
Und doch stimmt es noch nicht ganz. Noch ist nicht alles vorbei: Erst jetzt, zwei Monate später, nachdem wir unsere Zeugnisse bei der feierlichen Zeremonie in der Aula einer von Frau Stiglic überreicht bekommen haben, sind wir auch offiziell keine Schüler der Loburg mehr. Und nachdem wir es am Tag danach noch einmal so richtig krachen lassen haben, erst dann kann man sagen, dass es wirklich vorbei ist.
Und nun fällt es auch mir leichter, Abschied zu nehmen. In den zwei Monaten, die zwischen dem letzten Schultag und dem Abiball lagen, hatte man Zeit, sich darauf vorzubereiten, Zeit, noch einmal intensiv, ganz für sich, Abschied zu nehmen.
Nach dem Abiball bleibt also kein komisches Gefühl im Bauch. Natürlich ist da auch immer noch ein bisschen Wehmut, aber auch Dankbarkeit, dafür, dass wir diese acht Jahre an der Loburg gemeinsam verbringen durften. Und auch Vorfreude, darauf, was jetzt kommen mag. Der Abschied von der Loburg bedeutet eben auch, dass ein neues Kapitel beginnt, eines, dass man sogar noch ein wenig freier gestalten kann. Und so werden sich im Leben noch viele Kapitel schließen und neu beginnen, und ich bin mir sicher, dass man auf jedes mit einem lächelnden und weinenden Augen zurückblicken wird.
Und jetzt, wo ich am Tag nach dem Abiball auf meinem Bett sitze und die Abizeitung durchblättere, denke ich mir, dass auch das Kapitel Loburg noch nicht ganz vorbei ist, dass man sich darauf freuen kann, die anderen bestimmt irgendwann beim Ehemaligentreffen wiederzusehen. Und dann wird man sehen, wie jeder seinen Weg nach der Schule gegangen ist, und man wird noch einmal die alten Zeiten wiederbeleben.
