Vor rund einem Monat bot sich in Venedig ein Bild des Chaos: Der Markusplatz stand unter Wasser, Gondeln, die sich aus ihren Vertauungen lösten, trieben so in den Straßen und Gassen umher. Am Dienstag, den 12.11.2019, wurde die Stadt von einer Überschwemmung betroffen. In der Nacht zu Mittwoch starb mindestens ein Mensch bei dem Versuch, seine Wasserpumpe in Betrieb zu setzen. Um Mitternacht betrug der Wasserpegel 187 Zentimeter. Das ist der höchste Wert seit 53 Jahren. Am Sonntag, den 15.11.2019 stieg das Wasser noch einmal auf 150 Zentimeter. Während die Einwohner versuchten, gegen die gewaltigen Wassermengen anzukämpfen und ihr Hab und Gut vor der Zerstörung durch die Naturkatastrophe zu retten, reisten Touristen extra wegen des Hochwassers nach Venedig. In Stiefeln stapften sie über den überfluteten Markusplatz und machten es sich vor den wenigen Cafes gemütlich, die trotz des Unwetters noch geöffnet hatten.

Jedes Jahr wird die schöne Stadt von einer Flutkatastrophe heimgesucht, dem Acqua alta. Doch dieses Jahr schlug das Naturphänomen besonders heftig zu. Ein Grund hierfür ist die Erderwärmung, denn durch den Anstieg des Meeresspiegels, erhöht sich die Gefahr der Überflutung. Außerdem sackt der Boden in Venedig ab. Ein Großteil der Stadt wurde nämlich auf Pfählen gebaut. Ebbe und Flut und die Wellenbewegungen großer Schiffe nagen schon seit langer Zeit an diesen Bauten. Kritiker behaupten zudem, dass das Ausbaggern der Fahrrinne für Schiffe für das Absacken von Venedig verantwortlich sei.

Die Folgen der Überschwemmungen sind enorm. Insgesamt sind Schäden von hunderten Millionen Euro entstanden. Aus mehreren Mauern sind ganze Gesteinsbrocken aus dem Mauerwerk herausgebrochen, Wohnungen und Geschäfte wurden überflutet und Müll und Sand wurde in die Stadt geschwemmt. Doch am Schlimmsten hat es den berühmten Markusdom getroffen: Ein wertvolles Mosaik mit einem Pfau und mehrere Marmorsäulen wurden zerstört. Doch das ist noch längst nicht alles, denn es werden Langzeitschäden entstehen. Nachdem das Wasser abgeflossen ist, wird nur noch Salz zurückbleiben. Dieses greift die Ziegelsteine und den Marmor an und zerstört manche der Bauten sogar unwiderruflich.

Doch hätte sich die Weltkulturstadt gegen die Katastrophe besser wehren können? Es wird schon seit 2003 an dem sogenannten Mose-Projekt gebaut. Es handelt sich um ein groß angelegtes Sperrwerk mit bewegbaren Fluttoren, welches die Stadt vor Hochwassern schützen soll. Eigentlich sollte das Projekt bereits 2014 in Betrieb genommen werden, doch aufgrund von Korruptionsskandälen verzögerte sich die Fertigstellung bis heute. Nun heißt es, dass im Jahr 2021 die rund sechs Milliarden Euro teure Anlage fertiggestellt werden soll. Allerdings kommt bei Kritikern die Frage auf, ob das Projekt überhaupt groß genug angelegt sei, um die Stadt vor Hochwassern wie diesem zu schützen. Zudem befürchten Umweltschützer, dass die Flutbarrieren das sensible Ökosystem in der Lagune gefährden, in der sich Venedig befindet.

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